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Dosenfutter? Nein danke! Gesunde Ernährung für Hund und Katze selbst zubereitet

Geht es um die Ernährung achten immer mehr Menschen auf Bioqualität und verzichten auf Fertiggerichte. Weniger kritisch sind Verbraucher beim Einkauf von industriell hergestellter Nahrung fürs Haustier. Dass es auch anders geht beweist ein Trend der auf Frische und hohe Qualität setzt, um der natürlichen Ernährung der Vierbeiner so nah wie möglich zu kommen.

Immer mehr Hundebesitzer stellen das Futter für ihre Vierbeiner selbst zusammen. - Foto: R. Zimmer

Jedes Jahr lädt der Verband Deutscher Hundezüchter (VDH) zur Zuchtschau in die Westfalenhallen Dortmund ein. Zwei der fünf Messehallen bieten vor allem Hundefutter an. Das Sortiment an den einzelnen Ständen ist kaum überschaubar. Vorbei die Zeiten in denen es zwei oder drei Markenprodukte gab und der Verbraucher wählen konnte zwischen einem Fertiggemisch aus der Dose und einer trockenen Variante in der Tüte. Die Industrie hat sich längst spezialisiert. Vom Welpen- bis zum Senioralter bleibt kein Wunsch unerfüllt. Ob es nun das Premiumangebot für den sportlich aktiven Hund ist, das Lightprodukt für Figurbewusste oder spezielle Zusammenstellungen für Allergiker und Hunde mit chronischen Erkrankungen. Im Bereich Katzennahrung sieht es ähnlich aus.

Glaubt man dem Packungsaufdruck ist nur Gutes im Futter enthalten. Selbstverständlich sind alle Zutaten genauestens aufeinander abgestimmt. Ein Blick aufs Kleingedruckte lässt den Verbraucher staunen und zweifeln, was so alles noch an Zusatzstoffen offenbar nötig ist, dass Bello und Mieze ausgewogen ernährt werden können.

Milliardenumsätze

Von Krise ist im Bereich der Futtermittelindustrie nichts zu spüren. „Beim Tierfutter gibt es noch grandiose Wachstumsraten und beeindruckende Erfolgsgeschichten“, schreibt der streitbare Journalist Hans-Ulrich Grimm in seinem Schwarzbuch Tierfutter. 2004 lebten bereits 4,1 Millionen Hunde und 7,5 Millionen Katzen in deutschen Haushalten, Tendenz steigend, führt er weiter aus. Die Futterumsätze liegen weltweit jährlich bei 25 Milliarden Dollar. „Allein in Deutschland macht die Heimtierfutterbranche 2,1 Millionen Umsatz pro Jahr, dazu 760 Millionen fürs Zubehör“, gibt Grimm zu Protokoll. Mit im Geschäft sind viele Tierärzte. Denn die marktführenden Hersteller unterstützen die Forschungen an tierärztlichen Hochschulen wie Hannover. Die Veterinäre bieten deren Produkte später in ihren Praxen zum Verkauf an. Bei solcher Sachlage wundert es nicht, wenn Veterinäre und Industrie dem neuen naturnahen Trend der Rohfütterung skeptisch bis offen ablehnend gegenüberstehen.

B.A.R.F.

Einer, der sich jedoch offen gegen das Fertigfutter aussprach, war Dr. Ian Billinghurst. Der australische Tierarzt prägte den Begriff B.A.R.F., der für bone and raw food (Knochen und rohe Nahrung) steht und im Deutschen gern als biologisch artgerechte Rohfütterung bezeichnet wird. Sein Fütterungskonzept geht zurück zu dem was die Natur ursprünglich für Caniden – also Hundeartigen – vorgesehen hat: Fleisch, Knochen, Gemüse, Obst und Kräuter.

Nur frische Zutaten kommen beim Barfen in den Napf. - Foto: C. Hötzendorfer

Bevor es industriell hergestelltes Futter aus der Dose gab, bekamen Hunde Küchen- oder Schlachtabfälle in den Napf. „Hunde, die früher hauptsächlich mit Tischabfällen ernährt wurden, lebten länger und waren gesünder als ihre heute lebenden Verwandten“, weiß die Tierheilpraktikerin Susanne Reinerth. Nun lässt sich natürlich einwenden, dass es heute vor allem in Großstädten nur noch wenige Metzger gibt, die selber schlachten und in unserer schnelllebigen Zeit ist es für viele Hunde- und Katzenbesitzer völlig normal täglich eine Dose zu öffnen. Haustier und Menschen passen sich immer mehr aneinander an und das betrifft nicht nur die Ernährungsweise. „Wie beim Menschen haben die chronischen und psychischen Krankheiten enorm zugenommen“, resümiert Dr. med. vet. Vera Biber. Dazu zählt die Tierärztin und Hundezüchterin auch eine immer größere Anzahl von Haustieren die mit Allergien und Verhaltensstörungen auf eine denaturierte Ernährung reagieren. Eine Umstellung auf Rohfütterung kann in solchen Fällen Linderung wenn nicht sogar ganz Abhilfe schaffen. „Man muss sich vorstellen, dass ein Hund mit dem Fertigfutter eine Menge von Zusatzstoffen aufnimmt, die er eigentlich nicht braucht und die seinen Organismus natürlich auch belasten, Je weniger sich der Körper mit solchen Dingen auseinandersetzen muss, desto besser geht es dem Hund“, erklärt Susanne Reinerth.

„Natürlich kann man nicht sagen, barfen ist das Wundermittel schlechthin und alle Hunde, werden gesund, wenn sie nur roh ernährt werden“, stellt Dr. Biber klar, denn „häufig sind die Tiere bereits so kaputt und gestört, dass eine vollständige Heilung nicht mehr möglich ist. Aber in solchen Fällen hilft schon eine Linderung der Symptomatik.“ Die Leute machten sich nicht klar, fährt die Tierärztin fort, „dass Fertigfutter nicht für die Gesundheit des Hundes konfiguriert wurde, sondern für die Bequemlichkeit des Halters.“

Aufwand, der sich lohnt

Bequemlichkeit und Rohfütterung passen nicht zusammen, denn das Konzept ist aufwendig. Beim Einkauf geht’s schon los. Auf Bellos Speiseplan stehen zukünftig frisches Fleisch, Innereien, Knochen und Schlachtabfälle. Ist kein Metzger in der Nachbarschaft, bieten inzwischen Barf-Shops im Internet Tiefgefrorenes mit Lieferservice an. Obst und Gemüse sollte man unter den gleichen Kriterien einkaufen, wie für sich selbst, also ungespritzt und wenn möglich in Bioqualität. Gleiches gilt für die Kräuter, die wenn nicht frisch auch tiefgefroren (und natürlich aufgetaut) in den Napf können.

Mixer und Pürierstab gehören zum Handwerkszeug für die Rohfütterung. Ein Aufwand, der sich lohnt. - Foto: C. Hötzendorfer

Zu einer ausgewogenen Hundemahlzeit gehören ebenso Zusätze wie Öle, Honig, Heil- und Kieselerde, Propolis und Blütenpollen, Grünlippmuschelmehl und Eierschalen.

Es können auch Getreide und Milchprodukte gefüttert werden. Manche Hunde reagieren jedoch allergisch vor allem auf Weizen und Mais oder/und Kuhmilchprodukte. Letztere kann man durch Jogurt oder Käse aus Ziegen- und Schafsmilch ersetzen, die in der Regel gut vertragen werden. „Sie sollten allerdings beachten, dass Milchprodukte einen hohen Eiweißanteil haben. Deshalb muss man etwas von der Fleischration abziehen“, rät Susanne Reinerth. Ab und zu fressen Hunde auch gern mal Fisch.

Mixer und Pürierstab

Das Fleisch wird klein geschnitten und die übrigen Bestandteile (Gemüse, Salat, Obst und Kräuter) gibt man in einen Mixer, denn nur püriert kann ein Hund die einzelnen Inhaltsstoffe aufschließen und verwerten. „Je kleiner es ist, desto besser kann es der Hund verdauen“, so Dr. Biber.

Sollen Möhren mehr als nur ein Knabberspaß sein, müssen sie püriert werden. - Foto: C. Hötzendorfer

Die Umstellung von Fertigfutter auf Rohernährung muss konsequent sein. Ganz oder gar nicht ist die Devise, „Man sollte beides wegen der unterschiedlichen Verdauungszeiten nicht mischen“, warnt Susanne Reinerth. Dr. Vera Biber empfiehlt außerdem vor der ersten Rohfütterung einen Fastentag für Bello einzulegen.

Vorurteile

Oft kolportierten Vorurteilen, der Rohfütterung fehle es an Nährstoffen, sie führe zu Mangelerscheinungen und sei einseitig, stehen die positiven Erfahrungen derjenigen gegenüber, die von gesunden ausgeglichenen Hunden berichten, deren Fell glänzt und deren Zähne nicht geputzt werden müssen, weil die Ernährung die Beißerchen automatisch reinigt.

Worauf muss man nun achten, wenn man auf Rohfütterung umstellen möchte? „Zunächst einmal sollte man die Futterration mit Bedacht zusammenstellen“, empfiehlt Susanne Reinerth. Dabei steht Ausgewogenheit im Mittelpunkt. Als Faustregel gibt die Tierheilpraktikerin folgendes an: „Ich empfehle zwischen 70 und 80 % Fleisch (Rind, Ziege, Lamm, Wild, Kaninchen, Pferd, Geflügel oder Fisch. Schweinefleisch darf nicht roh verfüttert werden). Der Rest sollte aus Gemüse (davon 50 % Blatt- und 50 % buntes Gemüse) oder Obst bestehen.“ Bei der Auswahl kann man sich nach dem saisonalen Angebot richten. Auberginen und Avocados enthalten für den Hund giftige Bestandteile und sollten ebenso wie Tomaten, Paprika und Kartoffeln nicht verfüttert werden.

Da Kräuter auch eine heilende Wirkung haben gilt: weniger ist mehr, nicht immer die gleichen Kräuter im Napf und auf Wechselwirkungen achten. - Foto: C. Hötzendorfer

„Bei den Zusätzen (wie Öle und Fette, Kräuter, Eierschalen, Honig) ist es wichtig im Kopf zu behalten, dass sie abwechslungsreich und sparsam verwendet werden. Nicht nach dem Motto: Viel hilft viel.“, erklärt Susanne Reinerth und empfiehlt, sich ein Buch über die Heilwirkung von Kräutern zuzulegen. Denn ein Tier reagiert darauf noch wesentlich sensibler als der Mensch. Deshalb gehören sie auch nicht jeden Tag in den Napf.

Bis sich etwas Routine eingestellt hat, rät Susanne Reinerth zum Führen eines Futtertagebuchs. In ihrem Buch Natural Dog Food stellt die Tierheilpraktikerin ausführlich alle Bestandteile der Rohfütterung inklusive einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Zusammenstellung vor.

Vegetarisch für Hund und Katze?

Immer häufiger übertragen Vegetarier ihre Einstellung aufs Haustier. Eine Entwicklung, die sowohl Dr. Biber als auch Susanne Reinerth kritisch sehen: „Es entspricht meiner Meinung nach nicht der Physiologie eines Hundes ihn vegetarisch zu ernähren. Sein Verdauungstrakt ist nun mal nicht auf Pflanzenkost ausgelegt. Katzen sind außerdem reine Fleischfresser, sie können pflanzliche Nahrung nicht verwerten“, stellt Susanne Reinerth klar. „Es kommt bei einer derartigen Ernährung sehr schnell zu Mangelerscheinungen“, gibt Dr. Vera Biber zu bedenken. „Was passieren kann, wenn man ein Tier dazu zwingt nicht artgerecht zu fressen, haben wir ja an den BSE-verseuchten Rindern gesehen.“ Der Veterinärin ist durchaus bewusst, dass viele Vegetarier mit sich ringen, ob es für sie moralisch wie ethisch vertretbar sei, ihrem Hund oder der Katze Fleisch vorzusetzen. „Manches Fertigfutter ist schon so fleischarm, dass man es fast als vegetarisch bezeichnen könnte“, meint Dr. Biber und rät: Wer sich mit dem Barfen nicht anfreunden kann, sollte beim Dosenfutter bleiben oder „sich vielleicht einen Pflanzenfresser als Haustier halten. Ziegen, Ponys und Kaninchen sind auch sehr nette Tiere“.

Vor der Umstellung gut informieren und dann einfach ausprobieren. - Foto: C. Hötzendorfer

Bedenkenswert sind die Argumente der Befürworter einer natürlichen Ernährung durch Rohfütterung allemal. Wichtig ist, sich vor der Umstellung gründlich zu informieren und es einfach einmal auszuprobieren, um sich mit eigenen Augen von der positiven Wirkung auf Gesundheit und Psyche des Vierbeiners zu überzeugen.

Claudia Hötzendorfer

Infos und Kontakt:

www.naturaldogfood.de
www.vera-biber.com
Bezugsadressen und Lieferservice: (Auswahl)  
www.haustierkost.de
www.pansen-express.de
www.futter-fundgrube.de
www.happypets-much.de

Buchtipps:

Susanne Reinerth
Natural Dog Food
Natural Cat Food 
(beide Books on Demand)

Dr. med. vet, Vera Biber
Futterprobleme bei Hunden 
(Animal Learn)
Allergien beim Hund 
(Kosmos)
 
Sabine L. Schäfer/Barbara R. Messika
B.A.R.F – Artgerechte Rohfütterung für Hunde
(Kynos)

Brigitte Rauth-Widmann
1 x1 der Rohfütterung
(Kosmos)  

Silke Böhm
Rohfütterung für Hunde 
(Cadmos)

Hans-Ulrich Grimm
Katzen würden Mäuse kaufen – Schwarzbuch Tierfutter 
(Heyne)  

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